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Der räuberische Müller an der Jasnitz,
einem Nebenflüsschen der Sude,
zwischen Ludwigslust und Hagenow
(von J.J.F. Giese zu Strohkirchen)
Zu den magersten Feldmarken, in der Heideebene des südlichen Mecklenburg´s, gehört auch die des zwischen Ludwigslust und Hagenow, an der Berlin-
Darum ist es auch nicht zu bewundern, daß diese Feldmark, von welcher sich jetzt freilich über hundert Familien ernähren, noch in Erlen-
Nur fünf Familien, 1 welche später auch die ersten Bauern dieses Dorfes geworden sind, hatten sich in dieser fast undurchdringlichen Waldung angesiedelt und dieselbe an etlichen Stellen so viel gelichtet, daß sie die nötigen Nahrungsmittel zu gewinnen vermogten. Das Vieh aber trieb man in die Waldung hinein, wo es hinreichende Gräsung fand, und aus welcher es dann von selber zurück zu kehren pflegte.
Wenn die Ländereien dieser Ansiedler auch an fünf verschiedenen Stellen in der Hölzung lagen, so hatten sie doch ihre Hütten in der Nähe eines Baches so nah als möglich bei einander gebaut, damit sie nöthigenfalls schnell einander zu Hülfe kommen konnten; denn die ganze Gegend um diese Waldung her wurde damals von einem berüchtigten, räuberischen Müller, Namens Strohkark, sehr beunruhigt.
Dieser Müller, dem Raub und Wegelagerei die einzige Nahrungsquelle war, und welcher die Müllerei nur als einen Mantel über sein eigentliches Thun und Treiben geworfen hatte, wohnte kaum tausend Schritte oberhalb der gedachten Hütten und an demselben Bache, woran diese lagen. Wußte der Müller auch, daß aus den Hütten nichts zu holen war, so mußte er doch Verrath von dieser Seite her fürchten und darum darnach trachten, dieselben aus seiner Nähe zu entfernen; daher das Schutz-
Das Haus des Müllers, an der damals noch viel bedeutenderen Jasnitz, -
In dieser Befestigung standen dem Strohkark noch eine Stiege Arme seiner kampfgeübten Bande zu Gebot. Diese Bande war ihrem Hauptmann auf schnellen Pferden bei allen Raubzügen gefolgt und war auch bereit, wenn´s sein sollte, Blut und Leben mit ihm zu lassen. Schien ein Kampf ihm und seinen 10 Müllergesellen, -
Eine Bande von solcher Stärke und Güte vermogte schon etwas auszurichten. Sie brach in Wohnungen ein, die Festungen gleich waren, und widerstand bei solchen Gelegenheiten oft einem dreimal stärkeren Gegner. Glück machte unsern Strohkark kühner; er plünderte die damals noch zahlreicher in dieser Gegend vorhandenen Edelgüter und die Johanniter-
Andere Genossen der Bande, die im Lande umher lagen, benachrichtigten den Hauptmann von großen Geldsendungen und den Transporten kostbarer Güter, von welchen sie Kunde bekommen hatten; und der ganze Trupp brach alsdann zu Pferde und wohlgerüstet dahin auf, und selten kam er unverrichteter Sache wieder heim.
Solche mit großer Kühnheit ausgeführten Raubzüge, die sich fast täglich wiederholten und wovon Kunde aus allen bedeutenderen Oertern des südwestlichen Mecklenburg´s einlief, mußte die Polizei ernstlich besorgt machen und sie zwingen, die strengsten Maßregeln gegen den Räuber zu ergreifen. Aber wo sollte man ihn aufsuchen, man wußte weder seinen Aufenthalt, noch seinen Namen. Letzteren erfuhr man jedoch bald, als man erst wußte, daß die Mühle an der Jasnitz sein Aufenthalt war, was man dadurch erkundet hatte, indem man den Spuren seiner Pferde gefolgt war.
Mahlgäste hatten den Müller nie gehindert, und andere Leute waren auch nur äußerst selten nach seinem befestigtem Wohnorte gekommen; es gab also nur sehr wenige Menschen, welche seine Feste kannten; unter denen aber, welche die Polizei dahin sandte, gab es solche gar nicht. Wie staunten daher diese Leute, als sie statt der gehofften verfallenen Mühle eine wohlbefestigte Burg vor sich sahen. Diese einzunehmen waren sie jetzt noch zu schwach, und sie mußten für diesmal wieder umkehren, um verstärkt die Belagerung beginnen zu können.
Strohkark, welcher durch auswärtige Genossen seiner Bande von Allem, was gegen ihn beschlossen wurde, Bericht erhielt, sah wol, daß er einer solchen Macht nicht widerstehen konnte; deshalb suchte er durch alle erdenklichen Mittel seine Feinde zu täuschen. Auf Pferden, welchen die Hufeisen verkehrt untergelegt worden, war er auf die Burg geritten, um also seine Feinde zu täuschen. Als diese aber dennoch zur Belagerung herangerückt waren, suchte er sie durch seine Banden, dieihm in den benachbarten Höhlen bei Kuhstorf und Moraas zu Gebote standen, im Rücken zu beunruhigen. Durch Streifzüge, die er durch eben diese Banden ausführen ließ, gelang es ihm endlich, seinen Feinden den Wahn einzuflößen, daß nicht er, sondern ein Anderer der gefährliche Räuber sei. Und so geschah es denn auch wirklich, daß die ihn belagernde Mannschaft für diesmal wieder abzog.
Aber "Die Katze läßt das Mausen nicht", sagt ein Sprichwort, unserm Strohkark ging es eben so; denn auch er ließ das Rauben nicht.
Als man endlich die sichersten Beweise hatte, daß nur Strohkark und kein Anderer es sei, der die Dörfer plündere, die Reisenden überfalle und somit die ganze Gegend unsicher mache, da wurden von Seiten der Polizei die allerernstlichsten Anstalten zur Zerstörung des Raubnestes getroffen.
Jetzt sah der Müller, daß sowol List, als Gewalt vergeblich sein würde, und er entschloß sich daher, auf etliche Zeit seine Wohnung zu verlassen. Nachdem er alle zusammengeraubten Schätze wohlvergraben hatte, zog er mit der ihn umgebenden Mannschaft über die Elbe in´s Sachsen-
Als nach Strohkarks Abzug das zu seiner Gefangennehmung ausgesandte Heer anrückte, fand es, daß das Raubnest leer war und auch leer blieb, obgleich es Wochen, ja Monate hindurch davor lag. Und so wurden denn alle weiteren Verfolgungen einstweilen wieder eingestellt; und sie sind für immer eingestellt geblieben; denn der Müller ist nie wieder nach seiner Mühle zurückgekehrt, und Keiner weiß, wo und wie er abhanden gekommen.
Als so nun etliche Jahre verflossen und Strohkark noch immer nicht zurückgekommen war, da glaubten sich seine Unterhauptleute ihres Versprechens, in Betreff des sich Ruhigverhaltens, entbunden, deshalb nahmen sie dann ihr altes Handwerk wieder auf und wurden gefürchtete Wegelagerer. Doch trieben sie ihre Räubereien nicht in dem Maße, wie sie ihr Hauptmann jahrelang getrieben hatte.
Allein bei aller Vorsicht kam auch die Reihe an sie; auch sie wurden endlich aus dem Neste gejagt. Der Bewohner der Saumburg mußte der Gewalt unterliegen, sammt seiner Bande, denn Alle fielen, kämpfend für ihre Herberge und ihre Schätze, unter den Hieben eines gegen sie ausgerückten, vielfach stärkeren Haufens der durch sie oft beunruhigten Landbewohner. Ein kleiner Theil dieser Bande, welche in dem nahen Mörderberg versteckt lag, blieb zwar für diesmal noch verschont, wurde aber auch, nicht lange nach dem Falle der Saumburg, bei einem Einbruch ertappt und von den Landleuten mit Forken und Sensen niedergemacht.
Der Bewohner der Jahnkenstädt aber wurde durch ein Mädchen verrathen, welches er mit sich in seine Höhle genommen und zu seiner Frau gemacht hatte. Dieselbe traf nämlich einmal zufällig auf einer durch vieles Bitten errungenen Stadtreise mit ihrem Bruder zusammen und versprach demselben, ihm den Weg nach ihrem jetzigen Aufenthalte durch Streuen von Erbsen zu zeigen, da sie, kraft eines eides, nicht darüber erzählen durfte. Freilich hatte der Wind die Erbsen bald mit Sand bedeckt, daß sie nicht zu finden waren, aber sie keimten nach einem regen aus, und das grüngewordene Kraut derselben zeigte die Fährte, welche der Wind zuerst verweht hatte. -
Also gelang es auch, die Höhle des Räubers aufzufinden und zu zerstören, wiewol mit einem Verluste von zwei Menschenleben; denn zwei Jäger, welche zuerst in die Höhle gedrungen, waren von dem Dolche des Räubers durchbohrt worden. Uebrigens war der Anhang dieses Banditen sehr zusammen geschmolzen; die wenigen Leute, welche ihm noch zur Verfügung standen, waren in dem Augenblick der Einnahme der Höhle gerade abwesend, wurden aber später, als sie sorglos in dieselbe zurückkehren wollten, gebunden und nach Hagenow abgeführt.
Beim Durchsuchen dieser Höhle fand man auch das so wundersam stark tönende Horn und die Pfeife, vermittelst welcher die Räuber sich in ihrer Glanzperiode zwischen Jahnkenstädt, Saumburg und Strohkark Zeichen gegeben und so im steten Verkehr mit einander gelebt hatten.
Die Mühle verfiel, da sie hinfort Niemand bewohnte, immer mehr, bis sie zuletzt der Erde fast gleich geworden ist.
Jetzt stehen von der alten strohkarkschen Mühle nur noch die Pfähle, auf welchen das Rad geruht, aber sie sind fast ganz abgefault und ragen nur etwa noch einen Fuß aus dem Wasser hervor.
Eine neue Mühle ist später von den schon genannten Bewohnern der in der Nähe liegenden Hütten, die fortan Strohkark 2 hießen, etliche tausend Schritte unterhalb der alten, erbauet und die "neue Mühle" genannt worden. Aber auch diese ist schon lange nicht mehr. Der Name der Stätte jedoch, so wie viele Balken und Pfähle, die von den jetzigen Bewohnern Strohkirchens noch daselbst gefunden und verbraucht worden sind, zeugen für die Wahrheit dieser Sage.
Auch bei der alten Mühle steckt die Erde noch voll Balken und Bohlen, vielleicht auch noch voller Kostbarkeiten, die der alte Müller, bei seinem schleunigen Wegzuge und beim Gedanken an Wiederkehren, daselbst, wer weiß wo und wie, versteckt hat. Hat doch dort der Bach, unter andern Kleinigkeiten, in dem letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts noch eine bedeutende silberne Schaale an´s Ufer gespült, welche aber leider für 50 Thlr. in die Hände eines Juden übergegangen sein soll.
Beweise für das Vorhandensein großer Schätze bei der alten Mühle will man sehr viele haben. So erzählt man, als vor etwa 20 Jahren der jetzige Inhaber dieser Stätte dort ein umgefallenes Pferd habe vergraben wollen, soll er, wegen der vielen, eng an einander liegenden Bohlen, nicht in die Erde hinein gekonnt haben. Er wäre somit gezwungen worden, auf einer andern Stelle, etliche Schritte von der vorigen einen neuen Versuch mit dem Graben einer Grube zu machen, was auch gelungen sei. Da aber der Knecht, welcher mit dieser Arbeit beauftragt worden war, die Grube tief genug gehabt, habe er ein Geräusch unter jenen Bohlen gehört, ähnlich dem, welches entsteht, wenn Wasser in einen hohlen Raum auf Metallplatten fällt. Er habe zwar mit dem Spaten versucht, die Erde nach jener Richtung zu durchstechen, da sei ihm aber einen kleine Quelle entgegengestürzt, und der eigenthümliche Klang, welcher wie das Spielen einer Spieluhr geklungen und welchen auch der schnell herbeigerufene Hauswirth vernommen habe, sei vorbei gewesen. Man habe aber nicht weiter nachgraben wollen, weil man gefürchtet, sich vor den Dorfbewohnern lächerlich zu machen.
Daß in der Nähe des Baches auf einer Stelle kein Backofen hat stehen wollen, sondern stets wieder eingefallen ist, nachdem man ihn etliche Male geheizt hatte, schiebt man ebenfalls auf einen hier verborgenen Schatz. Ebenfalls soll in der Franzosenzeit ein aus Möllen stammender Soldat es deutlich gemacht haben, daß die Unfruchtbarkeit eines großen, nicht fern von dem Mühlenplatze stehenden Birnbaums nur allein von einem sich unter ihm befindenden Schatze herrühre. Derselbe soll auch versprochen haben, den Schatz zu heben zu helfen, allein er hat mit Napoleon nach Rußland müssen und ist nicht wieder zurückgekehrt.
Alte Leute behaupten auch, Geldfeuer gesehen zu haben, woran die jungen aber nicht recht glauben wollen.
Anmerkungen:
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Übersetzung:
3 Comthurei -
Quelle: